Wo E-Bike Güllewagen trifft:

Bauern auf kabarettistischen Abwegen: das Musikkabarett "Bure zum Alange in der Sonnberghalle

Authentisch ländlich: Nikolaus König und Wolfgang Winterhalter als „Bure zum Alange

AUGGEN. Im Hauptberuf sind sie Landwirte, abends zieht es sie auf die Bühnen landauf, landab, mit großem Erfolg. Seit 17 Jahren sind Nikolaus König und Wolfgang Winterhalter mit ihrem Musikkabarett "Bure zum Alange" Garanten für restlos besetzte Hallen weit über die heimischen Schwarzwaldhöhen hinaus. So auch am Samstag auf

Einladung des LandFrauenvereins Auggen in der bis auf den letzten Stuhl besetzten Auggener Sonnberghalle.

Als eher brummeliger Schwarzwälder Bauer (König) und leutseliger Dauergast aus dem Flachland (Winterhalter) inszenieren die beiden Buren zum Alange auf vergnügliche Weise die tägliche Gratwanderung ihres Berufsstandes zwischen Windrad und Wolfsbeauftragtem, in sich gekehrter Pflichterfüllung und der Gastlichkeit, die das Geschäft verlangt.

Denn einfach nur Landwirt zu sein reicht heute längst nicht mehr aus, um das

Mehrgenerationenprojekt "Hof" erfolgreich zu managen, vielmehr braucht es kreative Marketingideen und Kenntnisse in Grafikdesign ebenso wie erhebliches Geschick im Ausfüllen von Anträgen oder bei der Einhaltung komplizierter

Naturschutzvorschriften. Authentizität trifft vollends auf Irrwitz, wenn die Bure zum Alange Herdäpfel im Supermarkt einsammeln ("ein Kilo mit einer Hand"), mit alternativen Anbau- und Vermarktungsmethoden experimentieren ("Joints zum Selberdrehen — 2 Euro") Siloballen mit einem der vielen Paketdienste zu Tale schicken oder mit neuen Gewerbegebieten die Hänge vor Erosion schützen wollen.

Ein Thema für sich: die Kleidung. Längst hat sie ausgedient, die (Vintage-)

Burebluse, die Nikolaus König stets mit Stolz und mit einem Anflug von Nostalgie auf der Bühne trägt, passend zur mit Strohballen, Tonhühnern und BlumenampelFahrrad liebevoll "ländlich" geschmückten Bühne. Der Landwirt von heute trägt

Funktionskleidung. "Gehn Sie zum Schaffe oder machen Sie Sport?“, fragt der

Feriengast anteilnehmend, als sein Vermieter in den Bulldog steigt. Vorbei ist sie, die Zeit von gestern: Wo früher einsame Tannenwipfel wogten, ragen heute Windräder in die Höhe, und wo dunkle Schindeldächer sich an die Hänge duckten, blitzen Solaranlagen. Und wenn der "Gülle-Ma" ausrückt, so der Titel eines der bitterbösen Lieder aus eigenem Anbau von König und Winterhalter, kann es gut und gern passieren, dass plötzlich lautlos der Feriengast auf dem E-Bike um die Ecke biegt und sich freut über die frische Landluft. Großen Applaus gab es für die beiden Bauern auf kabarettistischen Abwegen von den fast 400 Besuchern.

Autor: Beatrice Ehrlich